Auf dem Podium (v. l.): Unternehmer Daniel Suttner, Ex-BBV-Bezirkspräsident Gerhard Stadler, FW-Landtagsfraktionsvorsitzender Florian Streibl, MdL und Landratskandidat Tobias Beck und Bürgermeister Simon Haas - Foto: Patrick Fuchs
Bürger unter Lumpenverdacht
Bei einer Podiumsdiskussion gingen die Freien Wähler der Frage nach, was ein Dorf braucht und wie viel Bürokratie das Land verträgt.
Immer dann, wenn es bei Talkshows gerade spannend wird – so kommt es Haselbachs Bürgermeister Simon Haas vor –, wechselt der Moderator das Thema. Das nervt ihn wie d‘ Sau. Deswegen versuche er heute, als Moderator der Podiumsdiskussion der Freien Wähler im Gasthaus Häuslbetz, den Themen Raum zu lassen. MdL und Landratsaspirant Tobias Beck, Freie-Wähler-Fraktionsvorsitzender im Landtag Florian Streibl, Ex-BBV-Bezirkspräsident Gerhard Stadler und Unternehmer und Gemeinderat Daniel Suttner beschäftigten sich dort am Montagabend mit der umfassenden Frage: „Was braucht a Dorf?“
„Zunächst natürlich a Wirtshaus, des für solche Veranstaltungen aufsperrt“, sagte Bürgermeister Haas. Auch wenn er sich einen größeren Andrang zur Veranstaltung erwartet hatte – wofür er auch die Witterung mitverantwortlich machte –, sagte FW-Fraktionsvorsitzender Streibl am Ende der Veranstaltung, dass die Hauptsache sei, mit den Leuten ins Gespräch gekommen zu sein. Ein Motiv, das sich durch den gesamten Abend zog und besonders von Streibl immer wieder angeführt wurde.
Miteinander zu reden sei zentral, nicht nur für eine Dorfgemeinschaft, sondern für die Demokratie. „Wenn alle Parteien immer nur sagen, dass die anderen Deppen sind, glaubt der Bürger doch irgendwann, dass alle nichts können.“ Deswegen sei es doch wichtig, dass, egal ob von Bürger zu Bürger oder von Politiker zu Bürger, Gespräche und Diskussionen geführt werden, die – klar – auch inhaltlich hart sein dürfen, aber immer auf einem respektvollen Miteinander fußen.
Kugelschreiberbestellung als Sinnbild der Bürokratie
Streibl betonte außerdem mehrfach, dass das Dorf und damit zusammenhängend die kommunale Politikebene der Ort sind, wo Menschen zusammenkommen. „Vor Ort wird der Bürgermeister gewählt. Vor Ort wird das Vertrauen in die Politik geschaffen“, führte er aus. Deshalb müsse man – dafür stünden die Freien Wähler seit Stunde eins – wieder zurückkehren, Politik zu machen, die dem Wähler nicht einfach leere Versprechungen mache, sondern Entscheidungen aus Überzeugung treffe. Mut zu haben, vielleicht unpopuläre, aber wichtige Projekte voranzutreiben.
Vertrauen schaffe man beispielsweise auch nicht durch Überregulierung der Betriebe. Streibl erklärte das so: „Wenn einer ein Lump ist, dann muss die Justiz auch durchgreifen.“ Durch eine überbordende Kontrollpflicht aber fühle sich der Unternehmer von vornherein unter Lumpenverdacht gestellt. Er appellierte, die Politik müsse den Menschen wieder mehr Eigenverantwortung zutrauen.
„Dazu wüsste ich Storys ohne Ende“, pflichtet der Unternehmer Suttner ihm lachend bei. Denn den fehlenden Mut, eigene Entscheidungen zu treffen, nehme auch er in vielen Branchen wahr. „Wenn jemand in einem großen Industriebetrieb einen Kugelschreiber bestellen will, schickt der einen Antrag, der wird weitergeleitet, bearbeitet – und am Ende ist der Prozess alleine so aufwendig, dass es viel billiger wäre, den Kugelschreiber einfach selbst zu bestellen“, erklärte er sinnbildlich, wie ineffizient die Bürokratie auf Unternehmens- und Ämterebene teilweise geworden ist.
Viele solche Prozesse, ist sich IT-Spezialist Tobias Beck sicher, würden durch die Digitalisierung an Ämtern einfacher. Er bemühte das Beispiel der elektronischen Anträge: „Wenn der Bürger diese digital einschickt, die am Amt dann aber ausgedruckt, analog bearbeitet, eingescannt und wieder zurückgeschickt werden müssen – ja, da beißt si d’Katz doch irgendwann selbst in Schwanz.“ Ämter, waren sich die Gesprächspartner einig, sollten wieder mehr Service für die Bürger bieten und sie nicht durch endlose Antragsschleifen gängeln.
„Ein Konstrukt, Fehler verschwinden zu lassen“
„Ja, die Bürokratie ist schon ein faszinierendes Konstrukt, Fehler verschwinden zu lassen“, sagte Streibl. „Jede Behörde hat alles richtig und nach Vorschrift gemacht, am Ende kommt dann trotzdem das Falsche raus – und keiner ist’s gewesen.“
In eine ähnliche Kerbe schlug der Ex-BBV-Bezirkspräsident Stadler, der auf die vielen – oft erdrückend wirkenden – neuen Verordnungen hinwies, die viele Kleinbetriebe an eine Existenzkrise bringen würden. Er berichtete außerdem vom demografischen Wandel, der es Betrieben erschwere, Nachfolger zu finden, und betonte: „Die Landwirtschaft ist ein Eckpfeiler im ländlichen Raum. Wir müssen diesen Schatz erhalten, indem wir Landwirten wieder eine Zukunftsperspektive bieten.“
Patrick Fuchs/BOG Zeitung vom 26. November 2025 (Gen. der Lokalredaktion)
