Mitterfels-Haselbach. Schule auf dem Bauernhof

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Das neue Hühnermobil der Familie Graf, durch das rund um die Uhr frische Eier im Hofladen-Häuschen verkauft werden können, hat es den Kindern besonders angetan. Fotos: Verena Lehner – Vergrößern durch Anklicken!

Landwirtschaftsschüler müssen mittlerweile mehr lernen, als nur einen Betrieb zu führen. Sie müssen zu Botschaftern für ihren Beruf werden. Wie, das haben wir uns angesehen.

Es ist ruhig an diesem Juli-Montag auf dem Bauernhof der Familie Graf in Kleinkohlham bei Mitterfels. Die Landwirtschaftsschüler Dominik Völkl (16), Benedikt Wagner (17), Andreas Herrnberger (20) und Matthias Aigner (21) sitzen mit ihrem Ausbilder, Landwirtschaftsmeister Kilian Graf, in einer gemütlichen Stube zusammen und brüten über einem kleinen Blätter-Geheft. Ein Huhn schaut von der Titelseite, „Herzlich willkommen auf dem Bauernhof“ steht darüber. Das Geheft ist das Ergebnis wochenlanger Arbeit. Es ist eine ausgefeilte Rallye, die Grundschülern kindgerecht Wissenswertes rund um die Landwirtschaft nahebringen soll. Das ist mittlerweile Bestandteil ihrer Ausbildung: den Berufsstand nach außen präsentieren zu lernen. Wir haben die vier Jungbauern dabei begleitet, wie sie zum ersten Mal „Öffentlichkeitsarbeit“ für sich und ihre Arbeit machen.

Am Montag darauf, genau eine Woche später, ist es so weit. Gleiche Uhrzeit, gleicher Ort, nur ist es nicht mehr ganz so ruhig auf dem Hof der Familie Graf. Die Klasse 2b der Grundschule Haselbach ist gerade mit einem kleinen Bus in den Hof vorgefahren. Sie werden bereits von den Landwirtschaftsschülern und der Familie Graf erwartet. Dominik Völkl ist krank an diesem Tag, aber die Truppe bekommt Schützenhilfe von Zita Gruber (18). Sie besucht den landwirtschaftlichen Zweig an der FOS in Landshut und ist Praktikantin auf dem Hof von Kilian Graf. Alle Schüler sind ein wenig aufgeregt – sowohl die großen als auch die kleinen. Für Zita Gruber ist dieser Tag heute gleich in doppelter Hinsicht interessant. Sie spielt mit dem Gedanken, nach der Schule eventuell Grundschullehramt zu studieren. „Das ist für mich heute eine gute Gelegenheit, in die Arbeit mit Kindern hineinzuschnuppern“, sagt sie.

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Motto: „Schüler lernen von Schülern“

Nachdem es sich die wuselige Gruppe Achtjähriger auf ein paar Bierbänken gemütlich gemacht hat, geht es los und für Zita, Benedikt, Andreas und Matthias heißt es: Kinderhorde statt Kuhherde. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde und einer kleinen Vorbesprechung, teilen sie ihre Rallye an die Kinder aus, die, aufgeteilt in zwei Gruppen, den Hof erkunden werden. Gleich werden sie sehen, ob das Konzept, das sie in den vergangenen Wochen in der Berufsschule und während ihrer Praxistage auf dem Hof erarbeitet haben, aufgeht. „Schüler lernen von Schülern“ nennt sich dieser jährliche Projekttag der Marianne-Rosenbaum-Berufsschule, bei dem die jungen Landwirte lernen sollen, sich und ihren Berufsstand nach außen zu präsentieren, vor anderen zu sprechen und anhand plakativer Beispiele das Leben und Arbeiten auf einem Hof darzustellen. Das haben sich die vier Schüler von Kilian Graf zu Herzen genommen. „Uns war es wichtig, den Kindern die Arbeit auf einem Hof praxisnah zu erklären und so ihr Bewusstsein zu schärfen für den Arbeitsaufwand, der hinter der Herstellung von Milch oder Käse steckt“, sagt Andreas Herrnberger.

Die Landwirtschaftsschüler haben den Vormittag mit den Kindern genau durchdacht und auf den Milchviehbetrieb der Familie Graf abgestimmt. Es gibt vier Stationen: den Kuhstall, das Hofladen-Häuschen, die Maschinen und Fahrzeuge und das Hühnermobil – Letzteres ist ganz neu auf dem Hof und hat es den Schülern ganz besonders angetan. Mit Feuereifer sind sie dabei, als sie unter Aufsicht von Zita Gruber die Eier aus dem Mobil abnehmen und den Hühnern dabei ganz nahe kommen dürfen. Die 18-Jährige erklärt ihnen auch, wie sie sich richtig verhalten müssen in der Nähe der Tiere, und lässt zwischen ihren Erklärungen immer wieder ein „pssst“ oder „etwas leiser“ einfließen. Im Hofladen-Häuschen unweit vom Hühnermobil zeigt ihnen dann Benedikt Wagner, wo die Eier schließlich hinkommen, was es mit dem Milchautomaten auf sich hat und welche Produkte es auf dem Graf-Hof so zu kaufen gibt.

Am Ende sind alle zufrieden mit dem Tag

Nach rund zwei Stunden ist Pause. Während die Kinder ihre Brotzeit essen, haben die vier ein wenig Zeit zum Verschnaufen. Und wie läuft’s? Matthias Aigner schnauft einmal kurz durch, lacht und antwortet: „Läuft gut, aber ist schon ein bisschen anstrengend.“ Anzumerken war ihm das allerdings nicht, als er noch vor ein paar Minuten ruhig und mit einer Engelsgeduld der aufgeregt um ihn hüpfenden Schülerschar alles rund um die Zapfwelle und das Innenleben eines Bulldogs erklärt hat. „Ein bisschen langsam kommen wir voran“, sagt Andreas Herrnberger. „Aber des kriang ma scho. Nach der Pause geben wir ein bisserl Gas.“

Nach weiteren knapp zwei Stunden, in denen die Kinder unter anderem auch noch den Kuhstall und den Melkstand genauer ins Visier genommen haben, steigen die Zweitklässler glücklich, zufrieden und ein bisschen müde in den Bus zurück zur Schule. Kilian Graf und seine vier Landwirtschaftsschüler schauen ihnen nach. Ihr Fazit fällt positiv aus. „Ich glaube, es ist gut gelaufen“, sagt Matthias Aigner. Auch er wirkt ein bisschen müde – aber zufrieden. Und wie sieht es jetzt mit dem Berufswunsch Grundschullehrerin aus? Zita Gruber muss schmunzeln und antwortet: „Mal schauen.“

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Verena Lehner/BOG Zeitung vom 5. August 2025 (Gen. durch Lokalredaktion)