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Vor dem Bau der Wasserleitung 1948/49: Am Dorfbrunnen bei der Friedenseiche in Mitterfels musste das Wasser zeitweise rationiert werden. (Foto: F. Stolz)
19. DEZEMBER 1949: EINWEIHUNG DER MITTERFELSER WASSERLEITUNG -
"BUCHETWASSER" BEENDETE DEN WASSERNOTSTAND.
Nicht bei allen kam die moderne Wasserversorgung gut an. Albert Dietl, der damalige Bürgermeister, erzählte gern die folgende Anekdote:
Koa Wasser mit „Gschmo”! Da tauschen sich die Kirchengeher am Sonntag vor der Kirche immer die neuesten Dorf- und Weltnachrichten aus. Da dischkutieren zwei Kleinlandwirte: „Müss’ma ihm dankbar sei, dem jungen Bürgermeister, daß mir jetz a a Wasser ham.” Der Angesprochene: „Ja, ja - aber was für oans!...
... Dees Röhrlwasser schmeckt nach gar nix, mei Brunnwasser hat wenigstens an Gschmo g’habt! Na - na, so dankbar bin ich eahm net!”
Der das sagte, war ein Onkel vom Bürgermeister, der zuvor täglich Kadaverteile an Fröschen, Nattern, Mäusen und Ratten „heraufgepumpt” hatte. Den Gschmo konnte das Buchetwasser nicht mehr bieten!
Wir sind es heute gewohnt, Wasser - in Trinkwasserqualität - in jeder Menge zur Verfügung zu haben, nicht nur zum Trinken und Kochen, auch zum Autowaschen und Rasenspritzen. Keines unserer „Kids” denkt beim minutenlangem Warmduschen im Schwimmbad an die Wassernot, die noch um 1948 in Mitterfels (und in anderen Gemeinden) herrschte. Das Problem der Wasserversorgung in anderen Regionen, etwa auf unseren Urlaubsinseln im Mittelmeer, machen wir uns, selbst wenn wir kurzfristig betroffen sind, nicht wirklich zu unserem Problem.
Der Jahrestag der Einweihung einer ersten öffentlichen Wasserversorgung in Mitterfels, der 19. Dezember 1949, ist ein Anlass sich zu erinnern, aber auch in die Zukunft zu schauen: Wasser ist nicht unbeschränkt verfügbar! (ft)
JOSEPH BRETTNER: ZUR GESCHICHTE DER MITTERFELSER WASSERVERSORGUNG
Die Mitterfelser Wasserleitung ist vom Gemeinderat bei seinem Amtsantritt 1948 als seine vordringlichste Aufgabe bezeichnet und sofort in die Hand genommen worden. Trotz größter Schwierigkeiten und Hindernisse hat er sie in schwerster Zeit zu einem glücklichen Ende geführt. Seiner klugen, unverdrossenen Tatkraft wie auch der Hilfe Gottes ist es in allererster Linie zu danken, dass nunmehr eine länger als ein Jahrhundert dauernde Wassernot ein für alle Male beseitigt ist.
In den weitesten Kreisen hat dieses Werk berechtigtes Aufsehen und Staunen erregt. Die neue Wasserleitung ist für Mitterfels die eigentliche Pulsader und damit die wichtigste und segensreichste Einrichtung für unser Gemeinwesen, wie auch für den Einzelnen.
Als vor etwa 150 Jahren mit der Verlegung des Pfarrsitzes von Kreuzkirchen nach Mitterfels unsere Hofmark auf dem vorgeschobenen Felsmassiv sich mehr und mehr vergrößerte, wurden die Wasserbeschaffungsschwierigkeiten ständig größer; denn in den zum Perlbach abfallenden Mulden konnte man nur kleine Wasseradern finden.
Aus einer solchen Mulde am Ostabhang leitete das Staatsärar spärliches Wasser zum ehemaligen Landgericht und später auch zum Finanzamt. Eine Anzahl Anwesenbesitzer ließ am Westabhang den sogenannten Gemeindebrunnen graben und ein bezügliches Benützungsrecht im Grundbuch für sich eintragen. Dieser Brunnen wird aus mehreren aber unzureichenden Quellen und aus dem verunreinigten Abwasser der höher gelegenen Anwesen gespeist.
In den Siebziger-Jahren des 19. Jahrhunderts vereinigte sich eine Gruppe von 6 bis 7 Hausbesitzern zur Anlage einer überaus primitiven Leitung zum Sammelbecken bei der Friedenseiche: Dorfbrunnen. Die übrigen Anwesensbesitzer mussten 20 bis 24 Meter tiefe Brunnenschächte aus dem Felsen meißeln und sprengen, um sich den dringendsten Wasserbedarf zu sichern. In den regenarmen Jahren, besonders aber in frostigen Wintern, hat sich immer wieder gezeigt, dass jede dieser Anlagen versagte.
Ähnliche Missstände herrschten auch in Scheibelsgrub, auf den beiden Buchbergen, in Weingarten, Hartberg, Wollersdorf usw. Tief unten rauschte der Perlbach, aber auf den Höhen war vielfach in Sommer- und Winterzeit eine Wassernot, unter der Mensch und Tier, am meisten die Frauen, bitter zu leiden hatten. Dabei war auch noch das verfügbare oder mühsam herbeigeschleppte Wasser für den Gebrauch in Küche und Stallung und erst recht als Trinkwasser nichts weniger als einwandfrei.
Im ersten Zehntel des 20. Jahrhunderts wurde eine großangelegte und durchgreifende Wasserversorung des bayerischen Juragebietes durchgeführt. Der einsichtsvolle Bezirksamtmann Nibler von Bogen wollte sich diesen Unternehmungen für seinen Amtsbereich anschließen. Er ließ ausgiebige Quellengebiete feststellen und einen großzügigen Plan zur Wasserversorgung unserer Gegend ausarbeiten. Aber die damaligen Gemeindevertreter brachten ihm nicht das erforderliche Verständnis und Vertrauen entgegen; sie scheuten vor den hohen Kosten zurück und der Plan musste unausgeführt zu den Altakten des Bezirksamtes wandern. Nach diesem Plan wären von Elisabethszell-Buchet her die Gemeinden Mitterfels, Haselbach, Hunderdorf, Neukirchen und Bogen mit Wasser versorgt worden.
Es kamen die Jahre des ersten Weltkrieges und der Inflation. Trotzdem wurde der Gedanke, vom Gemeindebrunnen das Wasser zu einer Reserve beim Baumeister-Schlößl elektrisch zu pumpen und von dort zu den tiefer gelegenen Anwesen zu leiten, von einem größeren Interessentenkreis ernsthaft erwogen. Aber dieser Gedanke musste wieder fallen, da man sich nicht einigen konnte über den Träger des Unternehmens und über die Beschaffung der Geldmittel; auch erschien es fragwürdig, ob das Mitterfelser Elektrowerk genügend und fortlaufend Kraftstrom liefern könnte.
Als dann die allgemeine Wirtschaftslage sich einigermaßen gefestigt hatte, nahm man den Gedanken einer Wasserversorung wieder auf und ließ Pläne ausarbeiten. Darin war vorgesehen, die zum Baumgartnerweiher führende und die von Hinterbuchberg kommende Quelle zusammenzufassen und durch ein eigenes vom Perlbach gespeistes Pumpwerk zu einer Hochreserve zu treiben. Auch dieses Projekt konnte nicht zur Ausführung gelangen und Mitterfels blieb in Wassernot wie zuvor.

Bucheter Quellgebiet (Foto: Wolfgang Köppl)
Durch kühnen Griff wurde dann 1949 im Sinne des Niblerplanes die großangelegte Wasserversorgung für die Gesamtgemeinde Mitterfels und für den Nachbarort Haselbach in die Hand genommen und zu einem glücklichen Ende geführt. Wir haben nun eine allen Erfordernisssen entsprechende Wasserleitung und eines der besten Wasser. Dem jetzigen Gemeinderat gebührt der bleibende Dank der heutigen Generation und aller Nachkommen!
Aus: Die Mitterfelser Wasserversorgung; Buchdruckerei Hans Stolz, 1951
Geistlicher Rat Joseph Brettner, Ehrenbürger von Mitterfels, war 31 Jahre lang (1920 -1951) Pfarrer in Mitterfels.